Der ehemalige Quarzitsteinbruch ist heute größtenteils durch Pflanzen überwuchert und durch Autobahntrasse kaum noch zu erkennen.
Häftlinge des SS-Sonderlagers mussten von dort einen mit Steinen beladenen Wagen nach Reinsfeld ziehen und wurden wie Zugtiere vor den Wagen gespannt, während andere Häftlinge von hinten schoben.
Hier wurden zwischen dem 2.9.1942 und dem 9.9 1942 20 luxemburgische Teilnehmer des Generalstreiks erschossen.
Die Ursache des Streiks war die völkerrechtswidrige Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Luxemburg. Ein eingesetztes Standgericht sprach 20 Todesurteile aus.
Die Opfer wurden in Hörweite und unmittelbarer Nähe des Lagers ermordet.
Zeichnunge von Jean Daligault, "la charette - das Wagenkommando" - Musée de la Résistance et de la Déportation - Besançon | Anzeigen | Herunterladen |
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Diese Plakate (Standgericht) hingen in ganz Luxemburg | Anzeigen | Herunterladen |
ehemaliger Quarzitsteinbruch mit Infotafel | Anzeigen | Herunterladen |
Der Streik von 1942, Jean Schroeder und Nicolaus Konz | Anzeigen | Herunterladen |
Die in diesem Rundgang dargestellten Informationsangebote verfolgen nicht das didaktisch-methodische Konzept des Aktivierten Rundgangs. Die Zielgruppe sind nicht nur Schülerinnen und Schüler, sondern auch interessierte Erwachsene, die Informationen über die Gedenkorte im Wald in der Umgebung der Gedenkstätte Hinzert erschließen wollen.
Als wir am Abend ins Lager kommen, heißt es wieder: „In die Stuben marsch, marsch! Fensterläden schließen!“ In Stube vier weiß bald jeder, was in Hinzert geschieht. Neuankömmlinge haben die schlimme Nachricht überbracht. Luxemburger werden erschossen. In Luxemburg wird gestreikt. Viele sind verhaftet. Betroffen und tief bewegt stehen die Gefangenen, gleich welcher Nationalität, an den Tischen, an den Betten, im Waschraum; sind in Gedanken bei jenen, die man jetzt wieder an die Richtstätte im Wald führt. Sie warten bis wie erlösend der Befehl durchs Lager hallt: „Fensterläden wieder öffnen!“. Draußen brüllen die Schergen wie gewohnt ihre Hetzbefehle. Sie gellen uns jetzt noch unbarmherziger, blutrünstiger, mörderischer als sonst in den Ohren, weil sie aus gemeinstem Mördermund kommen. Anfang September verbluten fast täglich Luxemburger im Kugelhagel der Exekutionskommandos. Nach und nach sickern Einzelheiten über die Streiktage in Luxemburg durch. Die Namen der Hingerichteten sind bald einem jeden von uns bekannt. Für die Mörderbrut in Hinzert ist der „Sauletzteburger“ lange Zeit ein Begriff, des Aufwieglers gegen das „Großdeutsche Reich“.
Quelle: Metty Barbel: Student in Hinzert und Natzweiler, Luxemburg 1992, S. 81
Das Lager Hinzert besaß drei große, schwere Pferdegespanne: eins mit Luftbereifung und die anderen beiden mit Stahlrädern. Der Wagen, der dafür verwendet wurde, die Kohle am Reinsfelder Bahnhof abzuholen, besaß vorne eine lange Deichsel, an die man normalerweise zwei Pferde angespannt hätte. Vorne befand sich ein kleines eisernes Rad auf dem Fahrersitz, das, wenn man es drehte, die Vorderräder des Wagens bremste. Die Franzosen hatten schon einen Namen dafür gefunden und nannten es „la charette“ (der Wagen), und an diesem Montag sollten wir Bekanntschaft damit machen, als Maurice und sechzehn andere junge Kerle für das berüchtigte „Kohlenkommando“ ausgewählt wurden.
Die Kohle in Reinsfeld war im Grunde genommen Brikett – rechteckig geformte Stücke, von denen jedes ein halbes Kilo wog und die von der Firma „Union“ hergestellt wurden, was auch auf der Prägung der einzelnen Stücke zu lesen war. Der Bahnhof in Reinsfeld lag ca. 3 Kilometer vom Lager entfernt, und man erwartete von uns, dass wir vier Fuhren pro Tag machten, was eine Gesamtlänge von ungefähr 24 Kilometer bedeutete, die wir zudem im Laufschritt mit unseren Holzpantinen zurücklegen mussten. Ebenso sollten wir die Kohle auf den Wagen be- und entladen. Wir hatten von früher nach Hinzert deportierten französischen Häftlingen gehört, dass das „charette“ ein extrem anstrengendes und kräftezehrendes Kommando war, denn entlang der Route nach Reinsfeld gab es mehrere Steigungen, und wir waren bereits durch unsere Ankunft in Reinsfeld und unseren Marsch ins Lager vorgewarnt. Während wir uns um den Wagen aufstellen mussten, wurde Maurice’ alter Erzfeind André Callaux zum Kapo für dieses Kommando bestimmt. Allerdings lag die gesamt Befehlsgewalt dieses Kommandos auf einem verwundeten SS-Mann mittleren Alters. Callaux starrte Maurice an, fuchtelte mit seinem Knüppel herum und schob ihn ins Gesicht von Maurice, während er ihn anfauchte: „Wie ich sehe, bist auch du dabei, Churchill. Willkommen bei meinem Kohlekommando!“
Auf dem Weg aus dem Lager mussten zwei Häftlinge die Kontrolle über die lange Achse des Wagens übernehmen. Zwei andere schoben von hinten, und jeweils ein Gefangener war an einem der Räder. Den übrigen Gefangenen befahl man, in den Wagen zu steigen, wo sich jede Menge Kohleschaufeln befanden. Der SS-Mann saß auf dem vorderen Sitz, von wo er die Bremse kontrollieren konnte, während Callaux hinter dem Wagen lief, um zu überprüfen, dass keiner bummelte. Der französische Verräter brüllte: „Les mains dessus! La main d’sus!“ (Los, packt an! Hochhieven!) – damit wollte er bei seinen SS-Herren Eindruck schinden.
Unsere Route führte über eine schmale, geschotterte Landstraße, und schon zu Beginn fielen uns die Holzpantinen von den Füßen. Jene, die stoppten, um sie wieder aufzulesen, wurden von Callaux , der voll in seinem Element war, in ihre vorherigen Positionen zurückgeprügelt. Als Maurice eine seiner Holzpantinen verlor und er den Weg vom Wagen zurückging, um sie aufzulesen, sah Callaux seine Chance gekommen und stürzte sich auf ihn. Er schlug Maurice mit seinem hölzernen Knüppel auf den Kopf und die Schultern, während er gleichzeitig brüllte: „Ich werde dieses dreckige englische Schwein töten“. Maurice versuchte alles, um sein Gesicht und die Geschlechtsteile zu schützen, aber Callaux war schnell und ging methodisch vor und verletzte Maurice erheblich, der zusammengekauert mitten auf der Straße lag. Glücklicherweise stoppte der SS-Mann den Wagen, um nachzusehen, was passiert war. Maurice hielt seinen Holzschuh nach oben, um zu zeigen, dass er ihn verloren hatte. Aber Callaux sagte dem SS-Mann in gebrochenem Deutsch, Maurice hätte versucht zu fliehen. Der SS-Mann hatte wohl grob verstanden, was Callaux ihm mitteilte, und griff zum Pistolenhalfter. Ich war außerstande, mich länger zurückzuhalten, und fragte auf Deutsch, ob ich die Erlaubnis hätte, mich äußern zu dürfen. Als mir dies gewährt wurde, sagte ich leise, dass Maurice, seine Holzpantinen verloren hatte und dass er nur zurückgerannt war, um sie aufzuheben. Ich sagte dem SS-Mann ebenfalls, er könne die anderen Häftlinge fragen. Aber anscheinend glaubte er mir, denn er hatte schon zweifelsohne viele verlorengegangene Holzschuhe gesehen. Er befahl Maurice, zum Wagenkommando zurückzukehren, und knurrte Callaux an, er solle seinen Job anständig machen, sonst würde er ihn durch einen anderen Kapo ersetzen.
Es wäre denkbar gewesen, dass der SS-Mann Maurice auf der Stelle erschossen hätte, falls er Callaux geglaubt hätte. Ich hoffte, er würde vergessen, dass ich gerade deutsch gesprochen hatte.